Angekommen: 14. menschengeführte Waldrapp-Migration mit vielen Höhepunkten erfolgreich abgeschlossen
Newsletter 03.09.2021
Am 1. September, nach einer Reise von 14 Tagen ist das Waldrappteam mit 28 junge Waldrappe am Rande des WWF Schutzgebietes Oasi Laguna di Orbetello in der südlichen Toskana angekommen. Bereits bei der Landung gesellten sich wilde Waldrappe zur Gruppe der Jungvögel. Sie haben damit ihr Wintergebiet erreicht. Hier werden sie vorerst bleiben bis sie nach zwei bis drei Jahren in ihr Brutgebiet in Österreich zurückkehren um dort ihre Nachkommen aufzuziehen.
Für die beiden Ziehmütter Helena Wehner und Katharina Huchler ist der Zeitpunkt des Abschiedes gekommen. Fünf Monate lang haben sie Tag für Tag mit den Waldrappen verbracht. In dieser Zeit hat sich nicht nur eine enge soziale Bindung der Jungvögel an die menschlichen Ersatzeltern entwickelt, diese Bindung ist beidseitig. So sind die beiden Ziehmütter natürlich froh, dass ihre Vögel sich nun in diese wilde europäische Population integrieren können. Aber trotzdem schmerzt die Vorstellung, sie in wenigen Tagen verlassen zu müssen.
Regenfronten, Gewitter und schwierige Windbedingungen beeinflussten den Verlauf der Migration. Und doch sollte es zur bislang erfolgreichsten Migration werden, denn Profipilot Walter Holzmüller, der schon zum zwölften Mal als Pilot an der Migration teilnahm, verstand es für alle fünf Migrationsetappen den jeweils richtigen Tag auszuwählen. So erreichten wir das Wintergebiete in fünf phantastischen Flugetappen und ohne Zwischenfälle.
Die fünf Flugetappen führen über eine Strecke von 770 km. Das Pfitscher Joch (2.246 m) am Übergang vom Zillertal nach Südtirol konnte in einer Höhe von über 2.800 Meter überflogen werden. Auf einem Modellflugplatz in Neustift bei Brixen zwangen uns ungünstige Windverhältnisse zu einer Pause von vier Tagen. Dafür erreichten wir bei der folgenden Flugetappe, vorbei an den Dolomiten nach Thiene, am Rande der Poebene, danke unterstützendem Rückenwind mit 58 km/h die bislang höchste mittlere Fluggeschwindigkeit, mit Maxima bis zu 78 km/h.
Die beiden Piloten sind sich einige, dass die wahren Helden dieser Migration die 28 Jungvögel und ihre Ziehmütter waren. Die Methodik der menschengeführten Migration konnte in den letzten Jahren stetig optimiert werden. Aber dass Waldrappe derart motiviert und zuverlässig mitfliegen wie das in diesem Jahr der Fall war haben wir alle nicht erwartet. Auch im schwierigen Gelände der Alpen und des Apennin folgten die Vögel zuverlässig. Sie flogen meist in energiesparendem Formationsflug, ließen sich aber auch gemeinsam mit den Fluggeräten in Aufwinden bis in die Gletscherregion der Zillertaler Alpen hochtragen.
Die illegale Jagd in Italien ist nach wie vor eine Hauptbedrohung für die Waldrappe. Das Risiko eines Abschusses betrifft auch diese 28 Jungvögel nach ihrer Freilassung. Ziehmutter Helena Wehner erinnert sich an einen verunglückten Jungvogel während des Flugtrainings. Es hat es sich angefühlt wie der Verlust eines Freundes. Helena meint: „Die Vorstellung, dass einer unserer Vögel illegal abgeschossen wird und so sinnlos sterben muss, ist sehr schlimm für mich. Damit wird nicht nur das Überleben dieser Art gefährdet, sondern auch ein hoffnungsreiches Leben ausgelöscht.“
Foto: Angekommen! Ziemutter Katharina Huchler, Projektleiter und Pilot Johannes Fritz, Ziehmutter Helena Wehner und Pilot Walter Holzmüller.