Projektziele
Hauptziel des Projekts ist die Wiederansiedelung des akut vom Aussterben bedrohten Waldrapps (Geronticus eremita) als Zugvogel in Europa. Damit soll sein Überleben in der arttypischen Lebensform als Zugvogel gesichert werden. Diese Arbeit basiert auf einer zwölfjährigen Machbarkeitsstudie entsprechend den IUCN- Richtlinien, in deren Rahmen die Ansiedlung einer ersten kleinen, ziehenden Brutgruppe gelungen ist. Experimentelle Untersuchungen und langjährige Erfahrung mit frei lebenden Waldrappen weisen auf eine Vielzahl geeigneter Lebensräume in Europa hin, in denen diese Vögel ohne Konflikt mit anderen Arten, einschließlich des Menschen, überleben können. Acht Partner in drei Ländern (Österreich, Deutschland und Italien) beteiligen sich am Projekt, um Brutkolonien in Burghausen/Bayern, Salzburg und Überlingen/Baden-Württemberg zu gründen, mit einer gemeinsamen Zugroute in ein Überwinterungsgebiet in der südlichen Toskana (WWF Oasi Laguna di Orbetello).
Bis 2019 soll eine Populationsgröße von mindestens 120 Vögeln erreicht werden, um die errechnete Minimalgröße für eine selbstständig überlebensfähige Population (Minimum Viable Population Size) zu überschreiten. Ab 2014 werden zu diesem Zweck sechs weitere menschengeführte Migrationen mit von menschlichen Zieheltern aufgezogenen Jungvögeln durchgeführt. Die erforderliche Zahl an Jungvögeln wird von den beiden sedentären Freiflugkolonien in Österreich als auch von Zoos zur Verfügung gestellt. Seit 2011 sorgen aber auch die bereits geschlechtsreifen Waldrappe für Nachwuchs. Eine Supplementation von Altvögeln aus Zoos, die nach der Brut und Aufzucht ihres Nachwuchses wieder entfernt werden, und von selbständigen Jungvögeln aus Tierhaltungen erhöht die Anzahl an Jungvögeln, die im Herbst den zugerfahrenen Tieren folgen. Einige dieser in den Brutgebieten natürlich aufgewachsenen und ins Wintergebiet geführten Waldrappe haben dieses Wissen bereits an die nächste Generation weitergegeben.
Durch gezieltes Monitoring und Management sollen die Verluste durch illegale Jagd (größter Mortalitätsfaktor) reduziert werden. Die Aufenthaltsorte der Vögel werden dabei permanent mithilfe von GPS- Trackern überwacht, insbesondere während der Migrationsflüge. Mittels Live-Tracking und einer Software-Applikation für Computer und Smartphones werden die aktuellen Aufenthaltsorte ausgewählter Vögel veröffentlicht.
Darüber hinaus wird in Zusammenarbeit mit wichtigen italienischen Jagdverbänden eine Informationskampagne für italienische Jäger umgesetzt. Zudem sollen Waldrapp-Wilderer nach Möglichkeit überführt und in Zusammenarbeit mit relevanten italienischen NGOs auf Schadenersatz verklagt werden. Durch diese Maßnahmen soll der Jagddruck auf Waldrappe auf ein Minimum reduziert und so das dauerhafte Überleben dieser Art in Europa gesichert werden.
Innovative Methoden und Techniken für den Artenschutz, das Echtzeitmonitoring und die Maßnahmen gegen die illegale Jagd in Italien werden umgesetzt, weiter entwickelt und ihre Anwendung im Rahmen weiterer Projekte angeregt. Ziel ist, diese Maßnahmen vor allem auch bei weiteren Projekten zum Schutz gefährdeter Vogelarten in Europa und bei der Wiederansiedelung der Waldrappe außerhalb Europas umzusetzen.
In Zusammenarbeit mit Experten wird ein umfassendes veterinärmedizinisches Monitoring durchgeführt, insbesondere um die Vitalität und Gesundheit der Population zu gewährleisten. Zudem werden zwei Forschungsschwerpunkte bearbeitet: die Folgen von Bleieinträgen in den Vogelkörper infolge nicht tödlicher Schussverletzungen und die Optimierung der Diagnose von Infektionserkrankungen bei Wildvögeln.
Durch genetisches Screening wird das Management der Zoopopulationen und der angesiedelten Vögel verbessert, um die genetische Variabilität bestmöglich zu vergrößern.
Mittels Öffentlichkeitsarbeit und internationalen medialen Berichterstattungen wird die Bekanntheit der Art gefördert und der Waldrapp als Modellart für Artenschutz, die Bedrohung von Zugvögeln durch illegale Vogeljagd, für eine nachhaltige Landnutzung und den Wert der Biodiversität etabliert.