Positives Update aus den Brutgebieten
Newsletter 24.07.2020
Bereits 12 Waldrappe sind in diesem Jahr nach Überlingen in Baden-Württemberg zurückgekehrt, und von denen wurden 7 in den letzten Wochen zeitgleich vor Ort (siehe Foto) festgestellt. Das sind weit mehr Vögel als vom Projektteam aufgrund bisheriger Erfahrungen erwartet wurde. Brut kam in diesem Jahr aufgrund der COVID-19 Pandemie noch nicht zustande. Darüber haben wir schon berichtet.
In den beiden bereits etablierten Brutgebieten Kuchl im Land Salzburg und Burghausen in Bayern ergab die heurige Brut eine sehr bedeutende Anzahl an Jungvögeln, die jetzt nach und nach flügge werden. Mit insgesamt 27 Küken in 9 Nester ergibt sich, für dieses Jahr, ein Mittelwert von 3,0 flüggen Jungvögeln pro Nest, ein extrem guter Wert. Der Mittelwert der letzten Jahre liegt in diesen Kolonien bei 2,2 flüggen Jungvögeln pro Nest. Im Vergleich dazu, liegt das mehrjährige Mittel der anderen Waldrappkolonien (Marokko, Türkei, Spanien) mit 1,0 und 1,5 flüggen Jungvögeln pro Nest weit darunter.
Der überragende Reproduktionserfolg in diesem Jahr ist umso bedeutender, als wir durch die COVID-19 Pandemie im Management der Vögel stark eingeschränkt waren. In Kuchl haben die Waldrappe zudem selbstständig die natürlichen Nischen besiedelt und sich so gänzlich unserem Zugang entzogen. Manche KollegInnen haben die Erfolge des Waldrappteams in den letzten Jahren beharrlich mit dem Argument relativiert, dass unsere Vögel nur deshalb so erfolgreich reproduzieren, weil sie gefüttert und betreut werden. Unrichtig war dieses Argument schon bislang, den konsequenten Gegenbeweis verdanken wir nun den Einschränkungen durch die Pandemie.
Der tatsächliche wesentliche Grund für die herausragende Entwicklung unserer Population sind die geeigneten ökologischen Rahmenbedingungen, insbesondere die reichhaltige Verfügbarkeit geeigneter Nahrungshabitate in den Brutgebieten. Derzeit werden diese Flächen im Rahmen einer umfangreichen Datennahme erfasst, um in weiterer Folge die Verfügbarkeit von geeigneten Bruthabitaten im gesamten Alpenvorland zu modellieren.
Unsere Population unterscheidet sich von allen anderen Populationen aber auch durch ihr intaktes Zugverhalten. Nur dieses ermöglicht den Waldrappen die Nutzung dieser reichhaltigen Nahrungshabitate für die Jungenaufzucht, da diese Gebiete im Winter kein Überleben ermöglichen. Das Zugverhalten bietet zudem eine höhere ökologische Flexibilität, um auf sich ändernde Umweltbedingungen zu reagieren. Das hat insbesondere in Bezug auf den Klimawandel zunehmende Bedeutung.
Bestärkt durch die positiven Entwicklungen in den Brutgebieten haben wir am 16. Juli zum dritten Mal eine „Concept Note“ für ein weiteres LIFE Projekt eingereicht, diesmal mit grundlegenden Änderungen zu den vorherigen Versionen. Wir sind optimistisch!
Foto: Das Bild von sieben Waldrappen in Überlingen am Bodensee gelang Rainer Kittelmann. All diese Vögel sind selbständig aus der Toskana in ihr Brutgebiet zurückgekehrt.