Artenschutz extrem - Erhalt um jeden Preis?
Newsletter 25/02/2020
Weltweit sind eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Im Kampf um die Artenvielfalt entwickeln Naturschützer immer ausgefallenere Methoden. Mit Erfolg?
In einer kürzlich ausgestrahlten Dokumentation in der ZDF Doku-Reihe planet-e widmen sich Marilena Schulte und Franca Leyendecker dieser Frage anhand von drei Fallbeispielen.
Ein trauriger Extremfall ist der des nördliche Breitmaulnashorns. Am 19. März 2018 starb das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn „Sudan“ im Alter von 45 Jahren, es musste altersbedingt eingeschläfert werden. Seitdem besteht die Art nur noch aus der Tochter und der Enkelin von Sudan. Das Nördliche Breitmaulnashorn ist somit „funktionell ausgestorben“.
Nach erfolgreicher Entnahme von Eizellen der beiden Weibchen und mit Hilfe von eingelagerten Spermien anderer, bereits verstorbener Artgenossen versuchen Reproduktionsmediziner nun Embryos zu erzeugen, um sie von Weibchen der südlichen Unterart austragen zu lassen. Federführend ist dabei das Team der Abteilung Reproduktionsmanagement am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin.
Das zweite Beispiel ist ein Projekt an der Saar und Mosel, durchgeführt von einem Team um Sebastian Hoffmann, im Auftrag und mit Beteiligung des Fischereiverbandes Saar. Weil der Wanderweg der Aale durch Wasserkraftwerke versperrt ist, werden die geschlechtsreifen Tiere oberhalb der Kraftwerke eingefangen und per Lkw zum Rhein transportiert. Von dort wandern sie weiter in den Atlantik, bis in die Sargassosee östlich von Florida, ihrem traditionellen Laichplatz. Was als Übergangslösung gedacht war, wird zur Routine, denn alternative Lösungen wurden bislang nicht gefunden. Doch die Methode zeigt offenbar Erfolg, die Aal-Bestände nehmen wieder zu.
Das dritte Beispiel ist das Wiederansiedlungsprojekt für den Waldrapp, das den Vögeln mithilfe von Ultraleicht-Fluggeräten eine neue Zugroute lernt. Dieses Projekt brauche ich hier nicht weiter zu erklären.
Manche stellen sich die in diesem Zusammenhang die berechtigte Frage, ob es gerechtfertigt ist, sich angesichts des dramatischen Artenschwunds mit viel Aufwand um einzelne Arten zu kümmern. Als Alternative wird oft der Schutz von Lebensräumen diskutiert, der seit Theodor Roosevelt zum klassischen Ansatz des Artenschutzes wurde, und das mit durchaus viel Erfolg. Aber gerade diese drei Beispiele repräsentieren eine stark zunehmende Zahl bedrohter Arten und Populationen, bei denen dieser klassische Ansatz klar an seine Grenzen stößt. Viele Arten sind heute auf direkte Hilfe durch invasive Maßnahmen angewiesen, um überleben zu können.
Im Beitrag kommt Katrin Böhning-Gaese vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums zum Schluss, dass angesichts der dramatischen Lage die Vielfalt der methodischen Ansätze unverzichtbar ist, jenseits von Paradigmen. Und es braucht Erfolgsgeschichten, die Hoffnung geben und zum Artenschutz animieren.
Foto: Die Doku zeigt die Wiederansiedlung des Waldrapp als ein Beispiel für innovativen Artenschutz und als eine Erfolgsgeschichte, die Hoffnung gibt und für den Artenschutz begeistert.
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