Grund zur Hoffnung
Newsletter 11/06/2019
Auf gutem Weg zur selbständig überlebensfähigen Wildpopulation
Vergangene Woche haben die beiden Fieldmanagerinnen Daniela Trobe und Corinna Esterer mit der Beringung der Jungvögel in den Brutgebieten Burghausen und Kuchl begonnen. Und das ist mehr Arbeit denn je. Bereits 2018 hatten wir ein sehr gutes Jahr mit 26 flüggen Jungvögeln in 10 Nestern. Aber das wird 2019 weit übertroffen, denn bislang sind bereits 40 Küken in 13 Nestern geschlüpft (!) und es werden noch mehr.
Während all diese Küken in freier Wildbahn aufwachsen, sind weitere 32 junge Waldrappe in unserem neuen Trainingscamp in Heiligenberg, Baden-Württemberg, in der Obhut der beiden Ziehmütter Anne-Gabriela Schmalstieg und Helena Wehner. Weitere 4 Jungvögel werden in Heiligenberg separat in einer gesonderten Voliere von den Zieheltern Katharina Neugebauer und Frederik Amann aufgezogen. Diese Vögel kommen vorerst im Rahmen eines spannenden Forschungsprojektes zur Aerodynamik des Vogelfluges zum Einsatz. Später dann sollen sie in die Wildkolonie integriert werden. Sie stammen aus einer in der Wildpopulation unterrepräsentierten genetischen Linie des Zoo Zürich.
Somit wachsen derzeit im Rahmen des LIFE Projektes 76 junge Waldrappe heran und lassen auf ein erhebliches Wachstum der Population hoffen. Ziel des aktuellen LIFE Projektes, das mit Ende 2019 ausläuft, ist die Wiederansiedlung eine wildlebenden migrierende Population von zumindest 120 Tieren. Dieses Ziel werden wir aller Voraussicht nach deutlich übertreffen und das Projekt damit erfolgreich abschließen.
Populationsdynamische Modellierungen zeigen, dass das Wachstum dieser europäischen Population noch über mehrere Jahre durch weitere Freilassungen gestützt werden muss, bis eine Größe von rund 350 Tieren erreicht wird. Erst eine solche Population ist groß genug, um Verluste zu kompensieren und geänderte Umweltbedingungen zu überstehen, etwa infolge des Klimawandel.
Wir haben deshalb im Jänner 2019 ein zweites LIFE Projekt beantragt, mit Beginn 2020 und einer Laufzeit von 8 Jahren. Anfang Juni haben wir nun leider die Nachricht bekommen, dass dieser erste Antrag nicht erfolgreich war. Das ist enttäuschend, aber für eine LIFE Antrag auch nicht ungewöhnlich, zumal man den Antrag in optimierte Form neuerlich einreichen kann. Das werden wir tun und wir sind mit gutem Grund optimistisch für diesen zweiten Anlauf. Das so erfolgreiche Projekt darf nicht auf halbem Weg abgebrochen werden. Der rasche Zusammenbruch dieser Population und damit ein schwerer Rückschlag für die Erhaltung dieser Zugvogelart wäre die Folge. Niemand kann daran Interesse haben, sicher auch nicht die LIFE Unit.
Aber der abgelehnte Antrag hat natürlich zur Folge, dass wir nun das Jahr 2020 zwischenfinanzieren müssen. Dabei hoffen wir auf Unterstützung durch Partner, Förderer und Spender. Um zudem die Kosten so gering wie möglich zu halten, werden wir im kommenden Jahr keine menschengeführte Migration durchführen. Dadurch wird das Wachstum der Überlinger Brutkolonie etwas gebremst. Wir rechnen aber damit, dies ab 2021 wieder kompensieren zu können.
Apropos Überlingen: Derzeit sind mehrere subadulte Vögel der Überlinger Generation 2017 unterwegs und sogar Vögel der Generation 2018 haben das Wintergebiet verlassen. Erwartungsgemäß zeichnet sich ab, dass diese Waldrappe einer deutlich weiter westlich verlaufenden Zugroute folgen als ihre Artgenossen aus den rund 300 km weiter östlich liegenden Brutgebieten Burghausen und Kuchl. Es besteht die gute Chance, dass bereits 2019 die ersten Waldrappe nach Überlingen zurückkehren, mehr als 400 Jahre nachdem dort der letzte Waldrapp verschwunden ist!
Foto (D. Trobe): Brütender Waldrapp der Kolonie Kuchl (Salzburg).
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