Erfolg im Artenschutz
Der Waldrapp wurde in der Roten Liste gefährdeter Tierarten herabgestuft und er kehrt auch nach Europa zurück.
Newsletter 27/11/2018
1994 wurde der Waldrapp in der höchsten Bedrohungsstufe critically endangered der IUCN Red List gelistet. Das hat sich nach 24 Jahren geändert. Im August 2018 konnte er auf endangered herabgestuft werden!
Der Grund war insbesondere die positive Entwicklung der letzten wildlebenden Population in Marokko. Von 56 Brutpaaren in den 90er Jahren ist der Bestand kontinuierlich auf aktuell 147 Brutpaare angestiegen. Zudem wurden im vergangenen Jahr erstmals Brutversuche außerhalb des Brutareals beobachtet. Dieser Erfolg ist insbesondere den marokkanischen Behörden zu verdanken, die sich sehr für den Schutz der beiden Kolonien einsetzen. Aber es ist auch ein Erfolg verschiedener internationaler NGOs, die sich in Marokko engagieren.
Die marokkanische Population weist allerdings nicht mehr das arttypische Zugverhalten auf. Mit dem Verschwinden des letzten Individuums der syrischen Brutkolonie im Jahre 2013 war der Waldrapp als Zugvogel in freier Wildbahn gänzlich ausgestorben. Aber auch das hat sich zum Positiven geändert. Im Rahmen des europäischen LIFE Projekts konnte nach fünf Jahren bereits einen Bestand von mehr als 100 wildlebenden Waldrappen aufgebaut werden, die wieder das arttypische Zugverhalten zeigen.
2018 war ein Rekordjahr für das LIFE Projekt. In den beiden Brutgebieten Burghausen in Bayern und Kuchl in Salzburg wurden in diesem Jahr 26 Jungvögel flügge. Weitere 6 Jungvögel aus dem Zoo Zürich und dem Tierpark Rosegg in Kärnten wurden in diesem Jahr hinzugesetzt, um die genetische Variabilität zu erhöhen. Diese Jungvögel folgten im Herbst ihren Artengossen in den Süden. Hinzu kommen 29 Jungvögel, die wir im Rahmen der menschengeführten Migration in das Wintergebiet geführt haben. Mit diesen 61 Jungvögeln ist die wildlebende Population in diesem Jahr trotz einiger Verluste auf 105 Tiere angewachsen.
Erfolgsmeldungen wie jene vom Waldrapp sind im Artenschutz selten und wertvoll, auch wenn die Art weiterhin als „gefährdet“ eingestuft wird. Es bedarf weiterer intensiver Bemühungen, um das Überleben der Waldrappe in Marokko, Europa und andernorts nachhaltig zu sichern.
Die marokkanische Population ist zu mehr als 95 % auf zwei Kolonien an der Atlantikküste konzentriert. Das birgt die Gefahr, dass der gesamte Bestand durch eine Naturkatastrophe, Krankheiten oder auch als Folge des Klimawandels erlischt, zumal das fehlende Zugverhalten vermutlich auch die ökologische Flexibilität der Population einschränkt. Daher sind weitere Schutzmaßnahmen essentiell.
Die migrierende Population in Europa ist noch nicht selbständig überlebensfähig. Jedes Jahr müssen noch Jungvögel aus Zoohaltungen ausgewildert werden. Zudem sind Maßnahmen gegen illegale Vogeljagd und Stromtod an Mittelspannungsmasten notwendig, um das Überleben der Population nachhaltig zu sichern. Und auch die Wiederansiedlung einer weiteren, nicht-ziehenden Waldrapp-Population in Andalusien erfordert noch die jährliche Freilassung von Jungvögeln aus Zoohaltungen.
Ziel unsers Projekts ist es, den Waldrapp als Zugvogel wieder nachhaltig zum Bestandteil der europäischen Fauna zu machen und ihn in der IUCN Red List noch weiter herabzustufen. Zudem hoffen wir, dass die beim Waldrapp erfolgreich angewandten Methoden in Zukunft auch die Herabstufung anderer bedrohter Zugvogelarten ermöglichen (Foto: Anne-Gabriela Schmalstieg).
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