Uhu in der Brutkolonie Kuchl
Newsletter 15/06/2017
Schon seit Längerem wirkten die Vögel in der Brutkolonie Georgenberg bei Kuchl, Land Salzburg, ungewöhnlich nervös. Die Nichtbrüter haben sogar andernorts übernachtet. Am Morgen des 13. Juni hat sich die Nervosität extrem gesteigert, zudem fehlte ein Küken. Ein Federfund vor Ort gab Anlass zur Vermutung, dass ein Uhu der Verursacher war.
In der Nacht auf den 14. Juni hat sich das in dramatischer Weise bestätigt. Unsere Fieldmanagerin D Trobe war vor Ort und konnte bzw. musste ab 22:00 Uhr gleich zwei Attacken eines Uhus beobachten. Er flog direkt in die Brutnischen und erbeutete dabei wieder ein Küken.
Daraufhin entschieden wir, die Küken samt ihren Elterntieren für diese Saison vom Georgenberg zu entfernen. Noch in der Nacht wurde der Großteil der Vögel samt Küken eingefangen. Wie richtig diese Entscheidung war, zeigte sich dann am nächsten Vormittag. Um ca. 10:00 Uhr flog der Uhu völlig unerwartet aus den Bäumen oberhalb der Brutwand, wo er offenbar seinen Rastplatz hatte, und versuchte neuerlich eines der noch verbliebenen Küken zu fassen – zum Glück erfolglos.
Alle Brutpaare und die verbliebenen neun Küken wurden in unsere Anlage in der Laimgrube bei Burghausen gebracht, unweit der Burghausener Brutkolonie. Ein kritischer Moment war am späten Nachmittag das Zusammenführen der Küken und ihrer Elternvögel in dieser neuen Umgebung. Zu unserer Erleichterung reagierten die Elternvögel rasch auf die Rufe der Küken und begannen auch damit, sie zu füttern.
Das war in den bisherigen 15 Projektjahren der erste Vorfall mit einem Uhu. Durch rasches Eigreifen konnten wir den Verlust auf 2 Küken beschränken und auch verhindern, dass die Eltern ihren Nachwuchs ganz aufgeben. Wir gehen davon aus, dass wir im kommenden Jahr die Ansiedlung der Brutkolonie am Georgenberg fortsetzen. Eine Koexistenz von Waldrappen und Uhus, als deren natürliche Prädatoren, muss möglich sein. Durch welche Maßnahmen wir das unterstützen können, wollen wir jetzt anhand der aktuell gesammelten Erfahrungen analysieren.
Eine der wichtigen Erfahrung war, dass wohl nicht zufällig nur Küken zur Beute des Uhus wurden. Offenbar hat er die erwachsenen Vögel nicht attackiert, obwohl sie in den Nischen direkt neben den Küken saßen. Bei der Attacke am Vormittag konnten wir zudem beobachten, dass die Elterntiere ihre Küken verteidigten und den abfliegenden Uhu sogar verfolgten.
Ein Volontär hat zudem erzählt, dass er schon vor Wochen am Brutplatz eine Feder gefunden hat, die er erst jetzt als Uhufeder erkannte. Wir gehen demnach davon aus, dass der Uhu schon seit Wochen vor Ort war, aber nie einen erwachsenen Waldrapp geschlagen hat.
Diese Beobachtungen machen uns zuversichtlich, dass mit gezielten Maßnahmen eine ausbalancierte Koexistenz am Georgenberg möglich ist, unter anderem wenn die Waldrappe Brutnischen zur Verfügung haben, in die ein Uhu nicht oder nur schwer einfliegen kann.
Foto (J Fritz): Gerettete Vögel nach dem Transfer in eine Voliere in Burghausen, Bayern. Unmittelbar nach der Freilassung reagierten die Elternvögel auf die Rufe der Küken.
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