Forschung und Veterinärscreening
Newsletter 24/06/2016
Ein Treffen in Wien am 2. Juni war der Auftakt für ein neues, interdisziplinäres Forschungsprojekt mit den Waldrappen im Rahmen der menschengeführten Migration. Damit soll eine Serie von überaus erfolgreichen Datennahmen und Publikationen fortgesetzt werden. Seit 2014 wurden in einer Reihe von Publikationen in hochrangigen Wissenschaftsjournals, bis hin zu einer Coverstory in NATURE, Daten zur Funktion, Energetik, Physiologie und Dynamik des Vogelflugs veröffentlicht. Eine Zitatliste findet sich unten an.
Die Grundlagenforschung war auch von unmittelbarem Nutzen für die Umsetzung des Artenschutzprojektes. Sie führte unter anderem zu einem wesentlich differenzierteren Verständnis des Migrationsflugs der Waldrappe und damit zu einer sehr weitreichenden Optimierung der menschengeführten Migration.
Eine Konsequenz der Grundlagenforschung ist auch ein kontinuierliches, sehr umfassendes veterinärmedizinisches Screening der gesamten angesiedelten Population in Zusammenarbeit mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Dieses Screening geht weit über den für Artenschutzprojekte üblichen Rahmen und den in den IUCN Reintroduction Guidelines geforderten Umfang hinaus.
Dem aktuellen Screening zufolge sind sowohl die Wildpopulation als auch die gegenwärtig aufgezogenen 32 Jungvögel gesund und vital. Neben der für Waldrappe autochthonen Bakterienflora wurden auch potentiell pathogene Bakterienarten nachgewiesen, insbes. Escherichia, Clostridium und Campylobacter. Diese haben beim Waldrapp aber offenbar keine klinische Bedeutung, was auf ein kommensalistisches Zusammenleben dieser Bakterien mit ihrem Wirt hinweist. Dies lässt auf ein vitales Immunsystem schließen, was im Rahmen der Wiederansiedlung von wesentlicher Bedeutung ist.
Das neue Forschungsprojekt soll neben der Fortführung und Auswertung des Veterinärscreenings insbesondere eine differenzierte Untersuchung der physiologischen Anpassung und der hormonellen Regulation der Migrationsflüge zum Inhalt haben. Datennahmen sollen wiederum insbesondere im Rahmen der menschengeführten Migration durchgeführt werden. Mit dabei sind bei dem Projekt verschiedene Institute der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Universität Wien.
Portugal SJ, Hubel TY, Fritz J, Heese S, Trobe D, Voelkl B, Hailes S, Wilson AM & Usherwood JR 2014. Upwash exploitation and downwash avoidance by flap phasing in ibis formation flight. Nature, 505, 399-402.
Voelkl B, Portugal SJ, Unsöld M, Usherwood JR, Wilson AM & Fritz J 2015. Matching times of leading and following suggest cooperation through direct reciprocity during V-formation flight in ibis. Proceedings of the National Academy of Sciences, 112/7, 2115–2120.
Bairlein F, Fritz J, Scope A, Schwendenwein I, Stanclova G, van Dijk G, Meijer HAJ, Verhulst S & Dittami J 2015. Energy Expenditure and Metabolic Changes of Free-Flying Migrating Northern Bald Ibis. PLoS ONE 10(9): e0134433.
Foto: Blutabnahme bei einem Waldrapp im Rahmen des Vegterinärscreenings. Gabriela Stanclova, Markus Unsöld, im Hintergrund Alexandra Scope.
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