Der Wind bremst uns aus
Newsletter 03/09/2015
Wir haben inzwischen in drei Flugetappen knapp 500 km zurückgelegt und den Flugplatz Valle Gaffaro am südlichen Rand des Po-Deltas erreicht. Hier sitzen wir jetzt den vierten Tag und warten auf geeignete Windbedingungen, um den Apennin zu überfliegen. So schnell wird das aber wohl nicht der Fall sein. Deshalb planen wir für morgen oder übermorgen eine kleine Etappe von 60 km zum Flugplatz Lugo. Von dort könnten wir dann das Wintergebiet in einer weiteren Etappe von ca. 220 km erreichen.
Die Pause tut den Vögeln gut, denn sie haben seit Beginn der Migration im Schnitt 5 % an Körpergewicht verloren. Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist das in einem üblichen Rahmen. Das Gewicht sollte aber auch nicht weiter abfallen, da die Vögel dann die Flugmotivation temporär verlieren könnten. Wir haben es also nicht eilig, was ja auch durchaus dem Charakter einer Herbstmigration entspricht.
Die zweite Flugetappe, von Mauterndorf bis nach Al Casale in Friaul, war von einem ganz neuen Flugstil geprägt. Den wesentlichen Teil der Etappe flogen wir konstant in Formation in über 2000 m Seehöhe. So konnten wir die Alpen und die Karawanken in direkter Linie überqueren. Bislang war es nicht möglich, die Vögel in eine solche Höhe zu bringen und dort zu halten. Dass dies gelang, ist insbesondere dem Geschick unseres Piloten Walter Holzmüller zu verdanken. Wir gehen auch davon aus, dass diese Flughöhe den Vögeln einen optimalen Überblick verschafft und ihnen hilft, sich fortan bei den selbständigen Fügen gut zu orientieren.
Leider reduzierte sich die ursprüngliche Zahl von 31 Vögeln auf aktuell 28 Tiere. Einen Vogel mussten wir nach dem ersten Flug ausscheiden, da er offensichtlich nicht mithalten konnte. Er reist fortan im Auto mit. Beim bislang letzten Flug blieben zwei Vögel zurück. Einen davon fanden wir bald wieder. Der Zweite, das Weibchen Raphael, ist seit fünf Tagen verschollen, trotz breiter medialer und digitaler Berichterstattung – allein das Posting zu Raphael auf unserer italienischen Facebook-Seite wurde bislang rund 13.000 mal gelesen! Wir hoffen weiter den Vogel wieder zu finden, zumal wir in den vergangenen 14 Jahren nie einen Vogel während der Migrationsflüge dauerhaft verloren haben. Ein weiterer Vogel hat sich gestern in der Voliere den Schnabel angebrochen. Er wurde noch am selben Tag in Villach von Dr. Jean Meyer behandelt. In einigen Wochen wird er zu seiner Gruppe zurückkehren können.
So bleiben derzeit immerhin noch 28 Vögel, die in zwei Volieren betreut werden und mit denen wir hoffentlich bald die Migration fortsetzen können.
Foto (P Przesang): Der Flug über die Gebirge in 2.500 m Seehöhe, mit der großen Zahl an Vögeln und zwei Fluggeräten in enger Formation, ist für die Vögel wohl vorteilhaft, für die beteiligten Personen jedenfalls ein phantastisches, schon fast surreales Erlebnis.
Klicken Sie hier um zum Newsletter-Archiv zu gelangen.