Dramatische Herbstmigration
Newsletter am 05.01.2015
Mitte August 2014 sind die Waldrappe aus ihren Brutgebieten Burghausen in Bayern und Kuchl in Salzburg zur Herbstmigration aufgebrochen. Erstmals versammelten sich die Vögel aus beiden Brutgebieten nahe der Stadt Salzburg und flogen schließlich gemeinsam weiter nach Süden, bis an den Nordrand der Hohen Tauern. Soweit verlief die Migration wie in den Vorjahren. Allerdings blieb die Gruppe diesmal nördlich der Alpen, am wahrscheinlichsten aufgrund des extrem milden Wetters mit Temperaturen weit über 0 ° C. Noch zu Weihnachten waren die Vögel in sehr guter Verfassung und fanden reichlich zu fressen.
In der Woche nach Weihnachten erfolgte aber ein sehr rascher und drastischer Wetterumschwung. Die Temperatur fiel auf weit unter 0 °C. Die Vögel verpassen offensichtlich die letzte Gelegenheit zum Abflug und blieben in einer sehr kritischen Wettersituation gefangen. In einer dramatischen Rettungsaktion konnten 17 Vögel eingefangen werden. Die Tiere hatten bis zu 20% ihres Körpergewichtes verloren, waren aber ansonsten in recht guter Verfassung, ohne Erfrierungen oder andere bleibende Schäden. Zwei Vögel konnten leider nicht rechtzeitig eingefangen werden. Sie starben an Kälte und Erschöpfung. Ein weiterer Vogel konnte ebenfalls nicht eingefangen werden. Er hält sich momentan in Bayern auf uns ist wohl in guter Verfassung.
Am 3. Januar waren die 17 Vögel in entsprechender Verfassung um sie wieder frei zu lassen. Als Freilassungsort wurde Bozen in Südtirol gewählt, von wo der Weg weiter nach Süden offen und der Boden schneefrei ist. Bereits am Tag nach der Freilassung flogen acht Vögel weiter nach Süden, in Richtung ihres Überwinterungsgebietes, ein WWF Schutzgebiet in der südlichen Toskana. Aktuell, am 5. Januar, sind sie bereits rund 300 km weiter südlich und überqueren gerade den Apennin. Die übrigen Vögel sind derzeit noch in Südtirol.
Jetzt, nach ihrer Freilassung, stellt die illegale Vogeljagd in Italien die größte Gefahr für diese Vögel dar. Insbesondere in der Toskana, im Umfeld von Livorno, kam es immer wieder zu Abschüssen. Daher sind alle Vögel mit GPS-Trackern ausgestattet, die eine permanente Überwachung erlauben. Mitglieder des Waldrappteam folgen den Vögeln, um an Zwischenstopps lokale Jägern, Behörden und Interessengruppen zu informieren. Wir arbeiten auch mit nationalen Jagdverbände zusammen, die Informationen über die Vögel an ihre Mitglieder weiter geben.
Diese Vögel gehören zum LIFE+ Projekt "Reason for Hope", das die vom Aussterben bedrohten Waldrappe wieder als Zugvögel in Europa ansiedeln will. In früheren Jahren sind die bereits angesiedelten Vögel regelmäßig zwischen den Brutgebieten nördlich der Alpen und dem Überwinterungsgebiet in der Toskana migriert. Die Situation in diesem Jahr war sehr ungewöhnlich, sehr wahrscheinlich als Reaktion auf die außergewöhnliche klimatische Situation. Projektleiter Johannes Fritz: "Wir nehmen an, dass die dramatische Situation Ende 2014 durch einen Mangel an Erfahrung in dieser Gründerpopulation verursacht wurde. Eine angemessene Reaktion auf derart irreguläre Situationen erfordert offenbar entsprechende Erfahrungen in der Population. Deshalb ist vorerst noch eine permanente Überwachung und erforderlichenfalls ein konsequentes Handeln erforderlich. "
Die Reise der Vögel kann mit der Freeware App Animal Tracker verfolgt werden. Weitere Informationen dazu finden sich auf unserer Homepage www.waldrapp.eu.
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